Surinam: Eigenständig dank „Frauen-Taxi“

Surinam steckt mitten in einer schweren wirtschaftlichen Rezession. Ein erbitterter Kampf um die verbliebenen Rohstoffe untergräbt jegliche Solidarität unter der Bevölkerung. Auch die Nationale Frauenbewegung (NVB) kämpft ums Überleben, aber sie gibt nicht auf.

Aufwärtstrend in der Statistik – Abwärtstrend in der Realität

Surinams Wirtschaft ist extrem abhängig vom Export von Rohstoffen wie Gold und Öl. Schwankende Preise auf dem Weltmarkt haben den surinamischen Haushalt empfindlich getroffen. Im Zuge dieser Wirtschaftskrise fielen im formalen Sektor massiv Arbeitsplätze weg. Der prekäre informelle Sektor bzw. die Abwanderung ins Ausland sind zunehmend die einzigen Alternativen für Surinamerinnen und Surinamer, um ihre Familien über Wasser zu halten.


Diesen Trend bekamen die sozialen Bewegungen Surinams bereits vor einem Jahrzehnt massiv zu spüren. Mitte der 2000er Jahre stufte die OECD Surinam zum middle-income-country hoch. Daraufhin verließen viele Geber das Land. Die großenteils von ausländischer Finanzierung abhängigen surinamischen Organisationen standen vor dem wirtschaftlichen Aus.

Frauenpolitischer Rückschritt

Auch die Frauenbewegung ist nach ihrer Blütezeit in den 1990er Jahren stark geschwächt. Der tägliche Überlebenskampf beansprucht oft die gesamte Kraft der Frauen; für ein Engagement für Frauenrechte und Gleichstellungsfragen bleibt kaum Energie. Einige wenige, meist regierungsnahe Organisationen werden vom Staat teilfinanziert, vor allem, wenn sie (im Grunde) staatliche Pflichten übernehmen, z.B. Opferhilfe bei innerfamiliärer Gewalt. Feministische Organisationen mit dem Anspruch gesellschaftlicher Transformation haben dagegen einen sehr schweren Stand. Es gibt derzeit praktisch keine gemeinsame Frauenrechts-Agenda.  

Überleben sichern – politische Unabhängigkeit zurückgewinnen

Die Nationale Frauenbewegung (NVB) ist eine Vorreiterin für Frauenrechte. Auch sie ist derzeit zuallererst mit dem Überleben beschäftigt. Mit dem Aufbau von Kleinst-Unternehmen wie einem Copy-Shop, einer Marketing-Internetplattform und einem Taxiunternehmen sorgt NVB für ein Grundeinkommen. Das Ziel ist, die finanzielle Abhängigkeit der Bewegung vom Staat zu reduzieren. Derzeit übernimmt der surinamische Staat die Fixkosten.

Mit dieser neu gewonnenen Unabhängigkeit erhofft sich die NVB, als Frauenbewegung gesellschaftspolitischen Spielraum zurückzuerobern und ihre Mitglieder bei Existenzgründungen zu unterstützen.

 

Mit Taxis in die wirtschaftliche Eigenständigkeit

Mit der Erweiterung des Fuhrparks um zwei Fahrzeuge leistet NVB auch einen Beitrag zur Erhöhung des Beschäftigungsanteils von Frauen. Bis zu fünf speziell geschulte Frauen teilen sich jeweils ein Taxi und erwirtschaften damit Einkünfte, die den Lebensunterhalt decken.

Die Fahrerinnen sind in den Pool der Taxizentrale Paramaribo integriert, sie können aber auch davon unabhängig ihre Dienste anbieten. Zudem können die Chauffeurinnen die Taxis im Leasing-Verfahren von NVB erwerben. Ein Teil fließt in einen Fonds zum Ankauf weiterer Fahrzeuge.

Die gelben Taxis mit dem NVB-Logo werden gerne von weiblichen Fahrgästen genutzt – sie fühlen sich einfach sicherer, wenn sie von Frauen gefahren werden!

Projekt-Kurzinfo

Projekttitel: Einkommensquelle „Frauentaxi“
Ort/Region:
Paramaribo
Förderschwerpunkt:
Wirtschaftliche Eigenständigkeit
Partnerorganisation:
Nationale Frauenbewegung (NVB)
Laufzeit:
Juni 2017 bis Mai 2018
WGT-Beitrag: 
20.000€ Gemeinsame Förderung der Weltgebetstags-Komitees aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH)