Griechenland: Alte Rettungsboote – Neue Wege

Geflüchtete und sozial benachteiligte Frauen nähen sich Zukunftsperspektiven.

Wie es sich anfühlt, als Flüchtling in einer fremden Umgebung ganz von vorn anzufangen, wissen viele Mitglieder unserer Partnerorganisation „Perichoresis“ in Nordgriechenland von den Erzählungen ihrer Großeltern. Viele von ihnen mussten in den 1920er Jahren selbst ihre Heimat Pontus (heutige Türkei) verlassen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieser Erfahrung engagieren sich seit Schließung der Balkanroute viele in der Unterstützung von Geflüchteten.

Vom Überleben zur Hoffnung

2016, dem Höhepunkt der Krise, ging es in Idomeni für viele Geflüchtete ums Überleben, woraufhin ein Team von Freiwilligen aus Katerini, ausgestattet mit bescheidenen Mitteln der örtlichen Kirchen, Lebensmittel, Kleidung und Unterkünfte organisierte. Im Herbst 2016 wurde daraus die registrierte soziale Organisation Perichoresis, die erkannte, dass es neben dem Nötigsten zum Überleben noch andere Formen der Unterstützung braucht. Zwar werden die wenigsten der Geflüchteten dauerhaft bleiben, doch zieht sich die Entscheidung, ob der Asylantrag bewilligt oder eine Familienzusammenführung anderswo möglich ist, über viele Monate hin.

Umso wichtiger sind kleine Abwechslungen im Alltag aus Hoffen und Bangen. So organisiert Perichoresis inzwischen Englisch-Kurse für Kinder und für interessierte Frauen gibt es eine Nähwerkstatt mit professionellem Unterricht und der Möglichkeit, sich mit den selbst gefertigten Stücken ein paar Euro zu verdienen. Dies stärkt gerade bei den Frauen das Selbstwertgefühl und rechtfertigt gegenüber der Familie die Abwesenheit „von zu Hause“.

Upcycling und gemeinschaftliche Vermarktung 

Innerhalb von nur zwei Jahren hat sich die kleine Nähwerkstatt zu einer Kooperative weiterentwickelt, die nach griechischem Handelsrecht registriert ist und ihre Produkte in einem Laden und online verkauft. Verwendet wird dabei fast ausschließlich altes Material von Rettungsbooten, Schwimmwesten und gespendetem Material, aus denen beispielsweise Taschen, Geldbeutel oder Handy-Etuis genäht werden. Geleitet wird die Produktion von einer geflüchteten Schneiderin.

„Den Geist der Inklusion umarmen“

Bemerkenswert an der Kooperative und den Projekten, die Perichoresis innerhalb kürzester Zeit in der Gemeinde etabliert hat, ist die Akzeptanz bei der örtlichen Bevölkerung. Sie wird unter anderem auch dadurch gefördert, dass sozial schwache Gruppen bei allen Aktivitäten berücksichtigt wurden. So können beispielsweise auch ansässige Roma die Nähwerkstatt nutzen und an den Kursen teilnehmen. Unsere Partnerinnen nennen diesen Ansatz „den Geist der Inklusion umarmen“ – wir hoffen, dass er andernorts in Europa Schule macht!

Projekt-Kurzinfo
Projekttitel: Textil-Kooperative für Geflüchtete und sozial Benachteiligte
Ort/Region: Katerini / Zentralmakedonien
Partnerorganisation: Perichoresis
Förderschwerpunkt: Wirtschaftliche Eigenständigkeit/Existenzsicherung in der Stadt und auf dem Land
Laufzeit: Januar 2020 bis Dezember 2020
WGT-Beitrag: 29.903 €

Weiterführende Informationen:

Unser Kollekten-Konto: Weltgebetstag der Frauen - Dt. Komitee e. V., Ev. Bank eG, Kassel, IBAN: DE60 5206 0410 0004 0045 40, BIC: GENODEF1EK1