Nie wieder!

Mädchen präsentiert pink bemalte Handflächen

Der 25. Mai ist in Kolumbien der „Nationale Tag der Würde von Opfern sexualisierter Gewalt“.

Wir sprachen aus diesem Anlass mit Yanette Bautista, Direktorin unserer Partnerorganisation Stiftung „Nydia Erika Bautista“ (FNEB).

Yanette, der 25. Mai wird in Kolumbien als „Nationaler Tag der Würde von Opfern sexualisierter Gewalt“ begangen. Kannst du uns erklären, was es damit auf sich hat?

Am 25. Mai 2014 verkündete Präsident Juan Manuel Santos das Dekret 1480, um an diesem Tag der Opfer sexualisierter Gewalt während des bewaffneten Konflikts zu gedenken.

Die Initiative dazu stammt von der Journalistin Jineth Bedoya.

Sie war am 25. Mai 2000 von Paramilitärs entführt, gefoltert und vergewaltigt worden, als sie dabei war, eines ihrer Verbrechen aufzuklären.
Jineth stellte Anklage und verlangte als Teil der Wiedergutmachung, dass an diesem Datum öffentlich an die Tausende von Frauen erinnert werden solle, denen, wie ihr, von illegalen bewaffneten Gruppierungen sexualisierte Gewalt angetan wurde.
Während des bewaffneten Konflikts setzten ausnahmslos alle Konfliktparteien sexualisierte Gewalt gegen die Bevölkerung ein. Nur sehr wenige Fälle wurden bekannt, man vermutet, dass nur 30% überhaupt angezeigt wurden. Die Frauen haben vor ihren Peinigern Angst, sie fürchten Repressalien, vor allen in jenen Gemeinden, in denen noch immer bewaffnete Gruppierungen aktiv sind.
Laut Daten der Gerichtsmedizin waren 2015 in 93% der Fälle Frauen und Mädchen die Opfer sexualisierter Gewalt. Unglücklicherweise hat sich dies nicht wesentlich geändert: 2016 lag die Zahl immer noch bei 85% (Daten: Corporación Sisma Mujer).

Inwiefern ist der 25. Mai auch für die Stiftung „Nydia Erika Bautista“ (FNEB) wichtig?

Vielen Frauen, die heute in FNEB organisiert sind, ist sexualisierte Gewalt nicht fremd, sie haben sie in aller ihrer Grausamkeit am eigenen Körper erlitten. In der perversen Logik ihrer Peiniger wurden sie für ihr politisches und soziales Engagement „abgestraft“.
Andere traf es, weil sie sich „erkühnt“ hatten, nach ihren gewaltsam verschwundenen Lieben zu suchen. Während z.B. die Mütter nach den Vätern suchten, wurden die unbeaufsichtigt zuhause gebliebenen kleinen Töchter vergewaltigt. 
Niemand war geschützt, jede konnte es treffen. Oft reichte sogar der bloße Verdacht aus, eine persönliche Beziehung zu einem Guerillero, einem Soldaten oder einem Paramilitär zu unterhalten.  Sexualisiert Gewalt wurde also eine Art „Warnung” an die Gesellschaft insgesamt eingesetzt: seht her, was euch passiert, wenn ihr „gewisse Grenzen“ nicht (mehr) respektiert!

Wie geht die Stiftung „Nydia Erika Bautista“ (FNEB) damit um?

Als uns die verheerende Wirkung von sexualisierter Gewalt auf das gesamte Leben der Frauen bewusst wurde, haben wir in FNEB die Menschen- und Frauenrechtsperspektive als Querschnittaufgabe verankert. Heute sind intensive Trainings zur Stärkung des Rechtebewusstseins und psychosoziale Begleitung Teil unserer Alltagsarbeit.
Wir wollen die individuellen und kollektiven Heilungsprozesse der Frauen und ihrer Familien unterstützen, indem wir ihnen juristisches Rüstzeug an die Hand geben und ihnen Handlungsoptionen für Selbstfürsorge/Selbstschutz aufzeigen. Wir arbeiten hart daran, ihre Widerstandskräfte zu stärken, damit sie in einem weiterhin gewalttätigen und bedrohlichen Umfeld besser zurechtkommen.
Im Grund besteht unsere größte Herausforderung darin, eine Männer verherrlichende Kultur zu transformieren, welche Gewalt an Frauen gesellschaftlich legitimiert. Es geht darum, jene tief verwurzelte patriarchale Vorstellung von Männlichkeit zu verändern, in der über den Körper und das  Leben einer Frau fraglos und uneingeschränkt verfügt werden kann.

Yanette, wir danken Dir für dieses Gespräch!

Interview und Übersetzung aus dem Spanischen: Cornelia Marschall (Leiterin Projektreferat des WGT e.V.)

Mehr Informationen zur Arbeit der Stiftung „Nydia Erika Bautista“ (FNEB):
Kolumbien: Der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein (Jes. 32,17)