Liebe Schwestern des WGT-Komitees in Palästina,
morgen jährt sich der 07. Oktober zum zweiten Mal.
Wir wissen nicht, was dieses Datum und seine Folgen konkret mit euch machen. Wir können nur ahnen, wie sehr sich eure Lebensbedingungen, die schon vor dem 07.Oktober von Ungerechtigkeiten geprägt waren, und Perspektive weiterhin verschlechtert haben.
Wir nehmen mit Erschrecken wahr, dass es neue Siedlungspläne der israelischen Regierung gibt, die das palästinensische Gebiet restlos zweiteilen würden. Der Umgang mit dem Krieg in eurem Land ist weltweit - auch bei uns in Deutschland - sehr unterschiedlich. Zwar sind sich fast alle darin einig, dass die Folgen insbesondere für Gaza nicht tragbar sind, dass sie grausam und inhuman sind und gegen Kriegsrecht verstoßen. Unser Staat und unsere Kirchenleitungen können sich nur schwer zu einer Verurteilung der Taten in Gaza durchringen - die deutsche Vergangenheit und die Geschichte Israels machen das fast unmöglich.
Dabei bedarf es klarer Worte, die weiteres Leid auf beiden Seite - auf eurer und der israelischen - verhindern. Ihr habt das in eurer Liturgie zum Weltgebetstag 2024 in einer Gebetsbitte formuliert: “Gott, öffne unsere Augen, damit wir die Dinge so sehen können wie du. Beschütze uns vor allen Formen von Gewalt, Verletzung und Rache.” Diese Bitte habt ihr für die Welt geschrieben und Frauen und Männer weltweit haben sie mitgebetet.
Die aktuelle Wirklichkeit sieht anders aus:
Frauen und Kinder sind die Hauptleidtragenden: Zehntausende wurden getötet oder verletzt, Millionen leiden unter Hunger, Angst und dem Verlust ihrer Lebensgrundlagen. UNICEF weist auf akute Mangelernährung von über 12.000 Kleinkindern in Gaza hin, während gleichzeitig viele Frauen zu Alleinversorgerinnen geworden sind. Auch in Israel hinterließen Gewalt, Todesfälle und Traumata tiefe Spuren in Familien.
Hilfs- und Friedensprojekte sind durch die anhaltenden Kämpfe stark eingeschränkt. Humanitäre Zugänge bleiben blockiert, die Arbeit von Frauen- und Friedensorganisationen kommt kaum voran. Die Folge: existenzielle Not und Überlebensangst.
Wir können nicht einschätzen, ob die derzeitigen Friedensbemühungen wirklich zu einem Frieden führen können, ob sie zumindest weiterer Gewalt ein Ende setzen können oder ob sie eher von Erfolgswillen einzelner geprägt sind.
Natürlich hoffen wir auf ein Ende der Gewalt, des Krieges und auf eine zukunftssichere Lösung für Palästina und Israel. Erfahrenes Leid und erlebte Gewalt werden damit nicht ungeschehen. Dazu braucht es Gottes Hilfe, die Neuanfänge möglich macht.
Um diese Hilfe Gottes und um offene Augen für uns alle bitten wir.
Unsere Gedanken gehen zu euch. Wir hoffen so sehr, dass wir euch in absehbarer Zeit besuchen können, wie wir es mit Sally beim Kirchentag in Hannover überlegt hatten.
Und unsere Gebete gelten euch und eurem Land. Wir im Weltgebetstag vertrauen auf die Macht des Gebetes.
Im Gebet verbunden grüßen wir euch ganz herzlich
Ulrike Göken-Huismann, Mona Kuntze, Brunhilde Raiser und Sabine Slawik
