Frauen für den Frieden: Bosnien

Friedensarbeit im Alltag – Frauen zeigen, wie es gehen kann!

Die Mitarbeiter*innen unserer Partner-Organisationen in Bosnien-Herzegowina berichten über große Ängste, die der Ukraine-Krieg bei ihnen auslöst.

Obgleich drei Jahrzehnte vergangen sind, erinnern sich nicht nur die Älteren noch sehr genau an den Beginn des Krieges im eigenen Land im April 1992. Viele durchleben erneut traumatische Erinnerungen an Gewalt und Vertreibung.

Friedvolle Zukunft?

Trotz des Friedensvertrages von Dayton steht immer noch ein großes Fragezeichen über einer stabilen Zukunft Bosnien-Herzegowinas: Zu sperrig ist das rasch geschmiedete staatliche Konstrukt, das zwar einen aufgeblasenen politischen Apparat aber kein nachhaltiges Zusammenwachsen fördert. Zu sehr dominieren nationalistische Interessen, Klüngelwirtschaft und Korruption bei gleichzeitig stagnierender wirtschaftlicher Entwicklung und dem Exodus junger Menschen ins benachbarte Europa.

Auch die Kriegsverbrechen auf allen Seiten sind noch nicht abschließend aufgearbeitet und viele Überlebende sexueller Kriegsgewalt haben bis heute keine Unterstützung erhalten.

Frauen geben nicht auf

Es sind die Frauen, die sich mit diesem Zustand nicht abfinden wollen oder können, oft sind sie von den Folgen besonders betroffen: Als Überlegende von Kriegsgewalt, als Mütter von Söhnen und Töchtern, die ihrer Heimat den Rücken kehren, als Bürgerinnen eines Landes ohne Perspektiven für eine sichere, bessere Zukunft.

Austausch fördern

Unsere Partnerorganisationen in Sarajewo, Mostar, Srebrenica und Tuzla setzen dem konstruktiven Aktivismus entgegen:

Sie unterstützen Frauen, die sich in der Friedensarbeit vor Ort engagieren. Sie stärken Austausch und Kooperation von Frauen, die verschiedenen Bevölkerungsgruppen angehören. Sie unterstützen jene, die unermüdlich an einer stärkeren Rolle und Beteiligung von Frauen bei der Aufarbeitung der Vergangenheit und bei der Gestaltung einer geschlechtergerechten Zukunft arbeiten.

Skepsis weicht, Vertrauen wächst

Ein aktuelles Beispiel aus der Herzegowina:

Unsere Partnerinnen von „Žena BiH“ (dt.: Frauen Bosnien-Herzegowinas) in Mostar haben es geschafft: Sie haben Frauen aus ethnisch homogenen dörflichen Gemeinschaften miteinander in Kontakt gebracht. Es sind Frauen, die sich ansonsten niemals begegnet wären.

Nach anfänglicher Skepsis und einigen Treffen wuchs das Vertrauen untereinander. Die Teilnehmerinnen tauschten Telefonnummern und Erfahrungen aus. Zunächst waren die Frauen vor allem daran interessiert, wie die jeweils „Anderen“ ihr wirtschaftliches Überleben sicherten und ihren Alltag bewältigen. Dabei entdeckte frau so viel mehr Verbindendes als Trennendes!

Ein Netzwerk entsteht

Es entstand ein Netzwerk von Frauen, die über ethnische Grenzen hinweg regelmäßigen Kontakt pflegen. Sie unterstützen sich gegenseitig bei Produktion und Vermarktung ihrer landwirtschaftlichen Produkte und tauschen Informationen aus, wie sie ihre Anliegen in die jeweilige Lokalpolitik besser einbringen können.

Daraus erwuchsen gemeinsame Aktionen zur Bekämpfung geschlechterspezifischer Gewalt, zur Stärkung von Frauenrechten und zur Unterstützung von Frauen in der lokalpolitischen Arbeit.

Neue Normalität

Es sind kleine Schritte, die doch Signalwirkung haben und einer „neuen Normalität“ Raum geben. In dieser „neuen Normalität“ bekommt die katholische Bienenzüchterin per WhatsApp einen Stand-Platz auf dem Markt in der serbisch-orthodoxen Nachbargemeinde angeboten.

Womöglich isst sie dort Süßigkeiten aus Ost-Mostar, die die Standnachbarin mitgebracht hat, als sie ihrer muslimischen Bekannten Einmachgläser für Tomaten abgekauft hat.

Kennengelernt haben sich die Frauen bei einer Veranstaltung von Žena BiH, bei der es um wirtschaftliche Perspektiven für Kleinunternehmerinnen ging.