Israel: Frauen mischen mit

Wie oft fahren die Busse zur Arbeit, zum Einkaufen und in die Schule? Wie sollte Land- oder Hausbesitz geregelt sein? Was kann die Gesellschaft tun gegen Ehrenmorde und häusliche Gewalt? Bisher hat niemand die Frauen im nördlichen Israel gefragt, welche Themen ihnen wichtig sind und was für sie und ihre Kinder getan werden muss. In knapp zwanzig mehrheitlich arabisch bewohnten Gemeinden ist damit nun Schluss – die Frauen wollen mehr Mitsprache!

Erster Schritt: Selbstorganisation

Getreu dem Motto „Es gibt nichts Gutes – außer frau tut es (selbst)“ haben sich dort zahlreiche engagierte Frauen zusammengefunden. Sie wollen, dass sich die Lokal- und Kommunalpolitik ihrer Interessen annimmt – oder am besten gleich selbst in den örtlichen Gremien vertreten sein.

Dazu braucht es Mut, Entschlossenheit und Unterstützung. Schließlich ist die arabische Gesellschaft nach wie vor von konservativen Traditionen und patriarchalen Normen geprägt.

Da tut es gut, engagierte Mitstreiterinnen oder ein entsprechendes Netzwerk an seiner Seite zu wissen. Denn je erfolgreicher die Frauengruppen sind, desto heftiger sind auch die öffentlichen und privaten Anfeindungen gegen sie.

Kayan als Katalysator

An diesem Punkt kommt „Kayan – Feminist Organization“ ins Spiel. Seit fast zwanzig Jahren unterstützt die Partnerorganisation des Weltgebetstags die Frauen dabei, sich Gehör zu verschaffen und öffentlich für ihre Belange zu kämpfen.

Die Mitarbeiterinnen von Kayan beraten die Frauen darin, wie sie eine Gruppe leiten, Aktionspläne erarbeiten, Kampagnen und Veranstaltungen organisieren und überzeugend vor größeren Menschengruppen sprechen. Mit diesem Know-How sind die Teilnehmerinnen sind sehr gut ausgestattet, um ihre Interessen erfolgreich zu vertreten.

Fast alle Mitarbeiterinnen haben selbst Erfahrungen mit Diskriminierung und Ausgrenzung gemacht.  Sie können sich in die Situation der Frauen hineinversetzen und ihnen auf Augenhöhe mit Beratung und Expertise zur Seite stehen.

Gemeinsamkeit stärkt

Über das Netzwerk „Jusur“ (dt. „Brücke“) schafft Kayan zudem für die einzelnen Gruppen vor Ort eine Anlaufstelle auf regionaler Ebene. Dies ist gerade für all die Themen wichtig, die arabische Frauen insgesamt betreffen.

Dazu gehört die Tatsache, dass das israelische Personenstandsrecht keine zivile Eheschließung vorsieht und alle Belange, die bspw. in Deutschland das Zivilrecht regelt, den religiösen Gerichtsbarkeiten der jeweiligen Religionsgruppe überlässt. Bei den muslimischen Gläubigen gilt dabei die Scharia als maßgebliche Rechtsgrundlage zur Regelung aller familiärer Angelegenheiten. Je nach Interpretation des zuständigen Geistlichen, kann das im Streitfall nachteilig für die Frauen ausgehen, z.B. indem ihnen bei Scheidung das Sorgerecht für die Kinder abgesprochen wird.

Für die Frauen-Gruppen ist es daher immens wichtig, sich regelmäßig über ihre Arbeit auszutauschen, gemeinsam zu diskutieren, zu reflektieren und vor allem: sich gegenseitig zu stärken!

Projekt-Kurzinfo

Projekttitel: Stärkung arabischer Frauen aus Basis-Initiativen für die Übernahme von Führungspositionen und politischer Verantwortung
Ort/Region: Nord-Israel
Förderschwerpunkt: Politische und soziale Teilhabe
Partnerorganisation: Kayan - Feminist Organization
Laufzeit:Januar 2017 bis Dezember 2018
WGT-Beitrag: 50.041€